Die Kapelle an den Externsteinen

900 Jahre Altarweihe, bedeutet das auch 900 Jahre Kapelle an den Externsteinen? Die Weihinschrift von 1115 in der großen Felsengrotte berichtet, dass der Paderborner Bischof Heinrich II. an dieser Stelle einen Altar geweiht hat. Aus der ältesten Externsteine-Urkunde von ca. 1129 wissen wir, dass Abt Bernhard von Werden und Helmstedt die Messe zelebrieren ließ, wenn er auf seinem Hof an den Externsteinen weilte. Diese Messen wurden sehr wahrscheinlich an dem 1115 geweihten Altar durchgeführt. Von einer Kapelle ist in der Urkunde aber noch nicht die Rede.

Die urkundliche Überlieferung

Danach schweigen die Quellen für mehr als 200 Jahre. 1366 setzte Bischof Heinrich III. einen neuen Rektor an der „capella reclusorii Egesterensteyn“ ein, an der Kapelle der Einsiedel Externsteine, die in diesem Zusammenhang ebenfalls erstmals erwähnt wird. Der Abt des Paderborner Klosters Abdinghof hatte als Patron der Kapelle den Kandidaten vorgeschlagen. Diese Kapelle war dem Heiligen Kreuz geweiht, wie wir aus Urkunden der päpstlichen Kanzlei von 1365/66 erfahren.

1385 stritten sich der Kapellenrektor Berthold Wedemhover und der Einsiedler Johannes von Waddenhausen um die Opfergelder, die von Gläubigen an verschiedenen Stellen an den Externsteinen hinterlegt wurden. Neben einem Opferstock und einem Gefäß werden auch zwei Altäre genannt, nämlich der Altar in der Kapelle und der „höhergelegene Altar“ („superius altare“), zweifellos der in der Höhenkammer. Aber wo stand der erstgenannte Altar, war es der 1115 geweihte und die Hauptgrotte der Kapellenraum?

1469 klagte der Kapellenrektor Konrad Mügge, der Einsiedler Jakob sei fortgelaufen und habe die Klause verkommen lassen. Nun hätte auch jemand die Glasfenster der unbewachten Kapelle eingeschlagen und damit „die Heiligen entblößet“, gemeint waren wohl Heiligenfiguren. Die Öffnungen der Hauptgrotte können kaum mit Glasfenstern versehen gewesen sein. Diese Bemerkung ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es ein eigenes Kapellengebäude an den Externsteinen gab, zumindest im 15. und wohl auch schon im 14. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde die Grottenanlage auch von den Einsiedlern genutzt.

Was geschah zwischen 1115 und 1366?

Ob man den 1115 geweihten Altar aus der Grotte in ein neu errichtetes Kapellengebäude versetzt hat, als die Einsiedelei eingerichtet wurde? Diese Vermutung drängt sich auf. Doch die Vorgänge fallen in die urkundenlose Zeit vor 1366, daher lassen sich nur Vermutungen anstellen. 

Es gibt zwei Phasen, die für einen solchen Vorgang besonders in Frage kommen: Die Regentschaft Hermanns II. zur Lippe zu Beginn des 13. Jahrhunderts und die Zeit um 1330, in der Simon I. zur Lippe und seine Frau Adelheid von Waldeck sich sehr um die geistlichen Einrichtungen in Horn bemühten. Die Lipper haben um 1200 die Besitzungen des Abtes von Werden-Helmstedt in Holzhausen-Externsteine und Horn übernommen und setzten später auch den Einsiedler ein, wie aus der Urkunde von 1469 hervorgeht.

Zusammengefasst ist es sehr wahrscheinlich, dass die Grotte mit dem 1115 geweihten Altar ein unmittelbarer Vorläufer der freistehenden Kapelle des Spätmittelalters war, der Altar wurde vermutlich bei Einrichtung der Einsiedelei aus der Grotte in die Kapelle versetzt. Der Externsteine-Altar ist noch ein zweites Mal versetzt worden. Wohl noch vor 1514 kam er in die Horner Stadtkirche, wo er später mit allen Nebenaltären der vorreformatorischen Zeit abgeräumt wurde. An den Felsen selbst blieb nur der Altar der Höhenkammer erhalten.

Text: Roland Linde

Literaturhinweise

Die urkundliche Überlieferung zu den Externsteinen ist in den folgenden beiden Bänden erschlossen:

Franz Flaskamp: Externsteiner Urkundenbuch, Gütersloh 1966

Johannes Mundhenk: Forschungen zur Geschichte der Externsteine, Bd. 3, Münster 1981